Mittwoch, 3. September 2014
3. Blogeintrag
Wenn ich mir das so anschaue, dann wisst ihr schon ziemlich viel über mich, aber kaum etwas über die Menschen, mit denen ich am meisten zu tun habe und ich komme mir wie ein Muttertöchterchen vor, wenn ich immer schreibe „meine Eltern hier“ und „meine Eltern da“. Ich werde mal versuchen, sie weniger zu erwähnen, was schwierig sein dürfte, da sie einen großen Anteil an meinen Entscheidungen haben und ich eigentlich auch ein ziemlich gutes Verhältnis zu ihnen habe, ach egal. Dann bin ich eben ein Muttertöchterchen.
Eigentlich wollte ich ja auch etwas ganz anderes erklären, einen anderen großen Teil von meinem Leben, meine Clique! In der Schule waren wir eine richtig große Gruppe an Mädchen, die sich übrigens erst in der Oberstufe gefunden hat, davor hab ich gelegentlich ohne Freunde in der eigenen Klasse vor mich hin gedümpelt. Wir waren acht Mädchen, die immer viel miteinander gemacht haben, dann ging die Schule zu Ende und viele gingen weg. Jetzt sind wir nur noch zu viert, aber wir halten zusammen, so gut es geht. Phoebe will jetzt nach dem Ende ihrer Ausbildung zur Vermessungstechnikerin ergänzend dazu etwas studieren, was man hier in der Gegend nicht studieren kann, also fährt sie unter der Woche weg in ihre neue Wohnung etwa zwei Stunden und kommt Freitags wieder nach Hause. Sie würde auch nie ganz weg gehen, wegen ihrer pflegebedürftigen Schwester, um die sich Phoebes Vater mit ihrer Oma allein kümmern muss, seit Phoebes Mutter tot ist. Das war ein großer Schock für uns alle, als Phoebe uns das gesagt hat … wir waren natürlich dann auch allesamt auf der Beerdigung, Frida, ich und … oh, ich hab ihr noch gar keinen Decknamen zugeteilt. Ach Gott, wie nenne ich sie bloß? Wenn ich Etzi M. schreibe vierteilt sie mich. Das ist nämlich ihr Spitzname, sollte sie mal eine Karriere als DJ oder Hiphopperin einschlagen wollen. Ich weiß nicht, wie sie auf diesen Namen gekommen sind … ich glaube stark, dass es Fridas Idee war, aber ich persönlich war leider nicht dabei. Nein, ich denke, ich werde sie Emma nennen, sie ist nämlich … wie drücke ich das vorsichtig aus? Ein klein bisschen Fan von Emma Watson. Mit dem Riesenposter, dem Kalender und dem Zeitumkehrer … wobei ich ihr letzteres selbst mal zum Geburtstag geschenkt habe, sie hat sich mächtig gefreut, da war ich stolz.
Also das sind wir Frida, Phoebe, Emma und ich. Wir sind eine Clique.

So jetzt muss ich etwas weiter ausholen und das wird ein abrupter Themenwechsel. Gestern Abend habe ich lange vorm Computer gesessen und nebenbei eine Dokumentation geguckt – über den zweiten Weltkrieg und die Rolle der Frau bei dem Ganzen. Das war der Abend, an dem ich auch die Jobbörse bemüht habe, mir mal aufzuzählen, was für Ausbildungsstellen es hier in der Umgebung gibt, die ich euch ja schon aufgezählt habe. Heute Morgen hat mein Wecker wie üblich um 10 geklingelt, damit ich aus dem Bett komme, weil ich jemand bin, der Schwierigkeiten hat einzuschlafen, dafür aber bis in die Puppen pennt, wenn man mich nicht weckt. Dummerweise war ich noch so müde, dass ich den Wecker ausgestellt habe und mich für fünf Minuten wieder hingelegt hab – als ich dann um halb eins aufstand, waren meine Eltern leicht verstimmt. Zum Mittagessen gibt es heute, was sich jeder selber macht und so bin ich wieder hoch, hab etwas an dem Blog hier geschrieben und hab mir dann die Haare gefärbt, den Ansatz konnte ich nämlich nicht mehr mit ansehen. Frisch mit Frischhaltefolie umwickelt bin ich dann wieder runter gegangen, um mir vielleicht schon mal was zu essen zu machen. Als meine Mutter mich so gesehen hat, ist sie fast explodiert: „Du tickst wohl inzwischen auch nicht mehr richtig. Das einzige, was du noch kannst ist Haare färben!“, sie ist hier im Hause immer diejenige, die rumschreit, wenn ihr was nicht passt. Auf ihre nicht gerade subtile Art hat sie mir dann hier Missfallen ausgedrückt, darüber, dass ich meinen Arsch immer noch nicht hochgekriegt hätte. Sie mag es nicht, wenn ich lange schlafe – weswegen ich mir ja auch immer artig den Wecker stelle, was heute aber leider nichts genutzt hat – dann ist der Geschirrspüler seit Stunden fertig, und es ist meine Aufgabe den auszuräumen, und das Badezimmer, dass ich diese Woche saubermachen sollte, sehe ihrer Meinung nach so aus, als hätte ich nicht einen Handschlag getan. Ich hab das mal einfach über mich ergehen lassen. Erklärungen oder Proteste machen alles nur schlimmer. Wenn ich gesagt hätte, dass ich mir jetzt die Jobbörse angesehen habe, hätte sie vermutlich etwas gesagt wie „Und jetzt soll ich mich wahrscheinlich auch noch darüber freuen, dass du das endlich gemacht hast, was? Das hättest du schon vor zwei Monaten tun sollen“, etc. Mein Vater, der in der Mittagspause auch da unten rumgewuselt ist, hat dann gesagt, er würde sich auch freuen, wenn ich endlich mal eine Sache für mich finden und sie zu Ende bringen würde. Ich sag euch, ich freue mich auf den 24ten, wenn die beiden in Urlaub fahren und ich wieder etwas Zeit für mich habe, und das obwohl ich gerade mal die zweite Woche wieder hier bin, seit ich mit Emma und Phoebe in den Niederlanden einen Bungalow für eine Woche bewohnt habe.
Ich würde echt gerne ausziehen und mein eigener Herr sein, aber ohne Geld ist das schlecht. Das ist ja mein anderes Problem, was die beiden überhaupt erst so bockig macht – das ich keinen Beruf habe, dass ich für mein Studium nicht lerne und ganz nebenbei soll ich auch noch abnehmen. „So kann das nicht ewig weitergehen. Wenn du von allem nur das Beste willst. Mann, kann im Leben nicht immer nur das machen, was einem Spaß macht. Genauso wenig, wie man immer nur das essen kann, was man am liebsten mag, das Ergebnis sehen wir ja hier vor uns“, und damit meint meine Mutter mich oder besser meine Ausmaße. Im Übrigen ist es auf der Jobsuche nicht gerade förderlich, wenn man ein kleines bisschen übergewichtig ist. Dummer Weise bin ich die Art Person, die ihren Frust in sich rein frisst und davon habe ich gerade wegen euch bestens bekannter Gründe eine ganze Menge. Ein Teufelskreis.
Ich hatte dieses Jahr 14 kg abgenommen, 8 kg davon waren wieder drauf, als ich aus dem Urlaub zurückkam – seit dem habe ich wieder rasch abgenommen. Von den 14 abgenommenen Kilos sind jetzt nur noch 4 zum wieder abnehmen übrig. Grundsätzlich eigentlich kein schlechtes Ergebnis, möchte ich meinen, aber in den Augen meiner Eltern nehme ich gerade in gewaltigem Ausmaß zu. Ich frage mich echt, wie das hier alles weitergehen soll. Ich denke, ich werde heute mal wieder meine Möbel umstellen, also in meinem Zimmer anders anordnen, damit sich ein neues Raumgefühl ergibt. Ich weiß auch schon, wie das aussehen soll. In einem neuen Zimmer mit neuer Motivation werde ich dann mal mein Buch weiter überarbeiten. 86 Seiten habe ich schon korrekturgelesen 400 Seiten fehlen noch, es sollte eigentlich fertig sein, wenn ich eine Antwort von den Verlagen bekomme, aber Lesen ist ja nicht so sehr meine Stärke. Den Satzbau überarbeiten, teilweise auch inhaltliche Korrekturen vornehmen und vor allen Dingen Rechtschreib- und Grammatikfehler verbessern. Wenn ich einmal durch bin, werde ich mein Buch am besten binden lassen, und es noch einmal wem anders zum Lesen geben – so dass die Person alle Fehler rot anstreichen kann, dann bessere ich das noch mal aus und dann könnte es veröffentlicht werden – wenn ich ein Cover für das Buch hätte, was ich nicht habe.
So oder so, ich werde dieses verdammte Buch dieses Jahr noch auf den Markt werfen und damit „endlich einmal was zu Ende bringen“
Jede Wette, dass ich mir noch mal was anhören kann, wenn ich meine Möbel gleich umstelle. Es ist nun mal ein Hobby von mir, das aus meiner Sicht auch nur Vorteile hat: es ist praktisch wie Sport, wenn ich mein Ecksofa und meinen Schreibtisch von A nach B schiebe, dabei verbrenne ich Kalorien, danach sieht alles ungewohnt und neu aus, als wäre ich tatsächlich woanders, nur das es meinst ist. In einer neuen Umgebung zu sein, gibt mir ein gutes Gefühl und neue Energie, etwas, was meine Mutter nie verstehen wird. Außerdem macht es mich einfach glücklich, wenn ich mit eigenen Händen etwas zum Besseren verändert habe.
Ich hatte recht, dass meine Eltern das nicht gerne sehen würden heute, dass ich mein Zimmer umräume, statt Bewerbungen für Ausbildungsstellen zu schreiben, die ich eh nicht haben will. Ich verstehe sie ja, sie wollen, dass ich etwas aus mir mache, dass ich nicht nur so vor mich hin vegetiere, mein eigenes Geld verdiene und mit etwas Sicherheit auf eigenen Beinen stehen kann. Sie würden nie zulassen, dass ich von Beruf Tochter werde – was ich nebenbei bemerkt auch gar nicht will. Ich will nicht ewig von meinen Eltern abhängig sein, aber ich möchte auch nicht eines Tages aufwachen und feststellen, dass ich in einem Alltag gefangen bin, den ich hasse. „Man kann nicht immer nur das tun, was einem Spaß macht“, sagt mein Vater und da hat er bestimmt recht mit. „Das Leben ist kein Ponyhof“, Gott sei Dank, ich kann Pferde nicht ausstehen. Meiner Meinung nach, gibt es schon genug Menschen, die sich selbst unglücklich machen und beruflich Dinge tun, die sie nicht mögen – nicht zuletzt deswegen haben wir ja sicher diese ganzen Burnout-Fälle.
Ist es zu viel verlangt glücklich sein zu wollen? Ein Leben damit zu verbringen, von dem man für sich glaubt, dass es das Richtige für einen ist? Wenn man einen Traum hat, sollte man nicht dafür kämpfen ihn zu erreichen? Die Popkultur sagt uns doch immer „Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum“. Mein Vater sagt, ich solle endlich in der Wirklichkeit ankommen und das im Leben nicht immer alles so läuft, wie man will. Dass ich nicht immer nur das essen kann, was ich am liebsten mag, sondern auch mal das, was ich eher so nicht mag – damit bezieht er sich auf meine Berufsfindung, ob ihr’s glaubt oder nicht – und ich denk mir dann so, wenn es nur um einmal essen ginge, würde ich es mir rein quälen, aber darum geht es ja nicht. Es geht um Jahre meines Lebens. Ihrer Ansicht nach, kann man mit Schriftstellerei kein Geld verdienen, das könne man nur so nebenher machen oder man müsste schon richtig gut sein – das heißt, dass sie im Grunde nicht daran glauben, dass ich die Fähigkeiten dazu habe.
Ich weiß, sie wollen ja eigentlich nur das Beste für mich, ich soll abnehmen, damit ich gesünder bin und vielleicht auch mal einen Kerl abkriege, ich soll arbeiten, damit ich für mich selbst sorgen kann und sie sich keine Sorgen mehr um mich machen müssen. Aber ich finde es ungerecht, dass sie sich genau über die falschen Dinge sorgen. Ihnen liegt mein körperliches Wohl am Herzen, wesentlich mehr als mein seelisches. Mir hingegen ist es ich will nicht sagen, egal, aber nicht so wichtig ordentlich Geld zu scheffeln, ich bin keine Karrierefrau, ich bin eine Träumerin und das war ich schon immer. Mein Brief aus Hogwarts ist nie gekommen und mein Lottogewinn blieb auch aus, aber Autorin könnte ich tatsächlich werden. Inzwischen verdrehen sie nur noch die Augen, wenn ich meinen Blog oder mein Buch erwähne – als wäre es ein Hirngespinst, zu denken, ich könnte tatsächlich irgendwann davon leben zu schreiben.
Ich habe heute, nur damit sie aufhören mich zu nerven, das Ersteinschreibungsformular für die Universität hier in der Gegend (etwa eine Stunde mit dem Auto, vermutlich ähnlich mit dem Zug) ausgefüllt. Meine Schwester, die ja bei meiner Krankenkasse arbeitet, hat mir den Nachweis auf Krankenversicherung fertig gemacht und eine beglaubigte Kopie meines Zeugnisses habe ich auch noch gehabt. Vermutlich werde ich nun also Geschichte und Philosophie auf Lehramt studieren. Meine Eltern glauben nicht, dass das das Richtige für mich ist – wenn ich ganz ehrlich bin, glaube ich auch nicht zu 100% daran. Ihr wisst, was ich eigentlich möchte, aber solange ein Buchvertrag außer Reichweite scheint, muss ich zumindest so tun, als würde ich mir verantwortungsvoll eine Zukunft aufbauen.
Ich hoffe ein kleines Latinum reicht denen, für das Philosophiestudium … na ja, wir werden sehen. Soviel dazu, man liest sich ;)