12. Blogeintrag
Schau einer an, da ist schon wieder Freitag. So schnell kann das gehen. Die Wochen an meiner neuen Schule sind ja sowieso kürzer, alle zwei Wochen habe ich freitags frei. Das ist auch der Grund, warum ich so spät noch wach bin. Sonst wäre ich schon lange im Bett. Ich hab heute damit angefangen mein Wohnzimmer auszuräumen, aber wenn ich ehrlich bin, war ich nicht sehr motiviert dabei. Morgen kommt Emma vorbei und hilft mir mit dem Streichen, das heißt, wenn ich bis dahin das Zimmer leergeräumt habe.
Ich hab große Pläne für Morgen. Ich will früh aufstehen – nicht vor 8 Uhr aber doch um den Dreh (erstaunlich, wie sich alles verschiebt, wenn man sonst immer in der Woche kurz nach 5 Uhr aufstehen muss. 8 Uhr klingt jetzt für mich schon nach ausschlafen. Verrückt). Ich muss morgen auf jeden Fall einkaufen und ich hab auch vor an meiner FH vorbeizuschauen – ich hab mich immer noch nicht abgemeldet, sollte ich vielleicht mal machen.
Und dann, ja, streichen und so.
Außerdem hab ich noch Hausaufgaben für nächste Woche zu erledigen. Erstaunlich, wie anstrengend es jetzt ist eine Collage zu erstellen, wenn ich mich vor der Note fürchten muss, die ich dafür kriege. Wir sollen unsere Collagen und unsere Bücher, für die wir unsere neuen Cover gestalten sollen, vor der Klasse vorstellen. Das ist mir ein bisschen unangenehm. Noch habe ich nur der Lehrerin und einer sehr sympathischen Mitschülerin von meinem Buch erzählt.
Jede Information, die diese Menschen über mich bekommen, verändert die Art, wie sie mich sehen. Ich hab ein bisschen Angst vor den Reaktionen … andererseits, was sollen sie schon sagen? Ich sollte an dem Roman mal weiterkorrigieren. Beim letzten Mal bin ich exakt auf Seite 100 stehen geblieben. Mitten in der Beerdigung. Aber ich hab noch etwas weniger als 400 Seiten vor mir und meinem Korrekturlesen würde ich nicht trauen. Ich mache furchtbar viele Fehler beim Schreiben – also zumindest sagt man mir das ständig. Es könnte daran liegen, dass ich einfach so runter schreibe, was mir in den Sinn kommt. Und nicht jeden Satz noch mal lese, bevor ich weiterschreibe. Es kommt eben wie es kommt.
Eine Collage, ein Moodboard, das das Gefühl meines Buches einfangen soll, ist schwierig zu gestalten. Ich würde sagen, es ist ziemlich kühl und farblos, also überwiegend. Ich würde mich gerne auf die Stadt konzentrieren, in der die Handlung spielt. Dadurch wirkt meine Collage aber mindestens so leer und freudlos wie dieses trostlose Zuhause in dem Buch. Die Gefahr für mich besteht darin, dass ich immer alles schön und angenehm anordnen will und wenn diese Collage zu leer wirkt … kommt es mir vor, als wäre sie unfertig. Als hätte ich mir nicht genug Mühe gegeben … das ist sehr ärgerlich. Weiß und farblos wie die Städte …
Das Moodboard muss bis Montag fertig sein. Ich hab echt keinen Bock auf Montag – gut, heute ist auch noch Donnerstag, jetzt ist erst mal Wochenende, aber der nächste Montag kommt bestimmt. Zu Dienstag soll ich eine Zeichnung fertigstellen und am Mittwoch darf ich einen Text über „Design und Gestaltung als Mittel zum Zweck und die Verwendung von Stilmitteln“ schreiben. 350 Wörter – das ist nicht viel, aber wir müssen es abgeben und ich fürchte mal, dass es benotet wird. Jippi …
Ich hab gleich gewusst, dieses Studium würde nicht ewig so spaßig und locker bleiben wie in dieser ersten Woche. Der Ernst des Lebens beginnt. Auch wundere ich mich sehr darüber, dass wir noch gar keinen Englisch Unterricht haben – wann wollen die uns eigentlich auf unseren Sprachtest vorbereiten? Den vor dem Auslandsjahr?
Aber heute ist etwas passiert, was mich zutiefst beruhigt. Ich weiß nicht, ob viele von euch das kennen, aber ich hatte schon häufiger diese Träume, die später real werden. Wenn man da steht und ein Déjà-vu hat, weil man sich plötzlich daran erinnert, dass man das Ganze schon einmal erlebt hat. Meine Mutter meinte mal, als ich sie danach fragte, sie hätte es in ihrer Jugend manchmal gehabt, aber jetzt schon lange nicht mehr. Ich hab es noch. Ich weiß noch, wie ich einmal nicht zu dieser Woche Schüleraustausch gefahren bin und stattdessen mit einer Freundin eine Woche lang in dem Jahrgang unter uns am Unterricht teilnehmen musste. Ich hatte davor noch nie in diesem Klassenzimmerunterricht gehabt, aber während dieser Woche hatte ich einen verrückten Traum. Ich saß in genau diesem Klassenzimmer, in dem ich derzeit mit der anderen Klasseunterricht hatte, aber ich war mit meiner eigentlichen Klasse dort. Ich hatte Geschichte, bei einem Lehrer, der für seinen Deutschunterricht gefürchtet wurde und den ich bis dato nur in Philosophie gehabt hatte. Er ging vor meinem Tisch in der ersten Reihe auf und ab – stink wütend wie er war diktierte er irgendwas Verrücktes mit russischen Namen, die ich nicht buchstabieren konnte. Ich fand den Traum schräg und hab auch der Freundin davon erzählt.
Die Woche endete, ich hatte wieder regulären Unterricht und vergaß den Traum. Im übernächsten Schuljahr kam meine Klasse in genau das Klassenzimmer, von dem ich geträumt hatte, ich saß in der ersten Reihe, als mein Philosophielehrer, den ich nun auch in Geschichte hatte, verärgert über die vielen Schüler ohne Hausaufgaben beschloss uns die Daten der russischen Revolution zu diktieren, was wir später auswendig lernen sollten. Und als ich so dasaß und mitschrieb, kam mir wieder die Erinnerung – dass ich genau davon vor zwei Jahren geträumt hatte. Alles war identisch.
Das war das erste Mal das ich so einen Déjà-vu-Traum hatte. Ich hab mir eine eigene Erklärung dafür überlegt, wie ich von etwas träumen konnte, was noch nicht passiert war. Ich meine, wie hätte ich diese Zukunft vorhersehen können? Ich kam zu dem Schluss, dass es eine Seele gibt, die unabhängig von Zeit und Raum ist. Sie steckt in meinem Körper und erinnerte sich an Dinge, die noch gar nicht geschehen waren, um durch mein Unterbewusstsein zu mir zu sprechen. Die Aufgabe dieser Träume ist es, mir meinen vorbestimmten Weg zu zeigen, das Schicksal, für das ich bestimmt bin. Solange ich also Déjà-vus habe, weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Solange meine Träume wahr werden, weiß ich, dass mein Leben genauso verläuft, wie es sollte.
Und heute ist es wieder passiert. Ich saß in meiner neuen Schule, neben meinen neuen Mitschülern und malte ein Comicbild aus, dass ich hatte zeichnen sollen. Und mit einem Mal erinnerte ich mich. Ich weiß nicht mehr wann, aber ich weiß, dass ich davon schon einmal geträumt hab. Ich konnte mich daran erinnern, in dem Traum genau dieses Comic gesehen zu haben und sogar den Raum aus dieser Perspektive gesehen zu haben. Sogar meine Sitznachbarin war in diesem Traum gewesen … Und das sagt mir: ich bin auf dem richtigen Weg.
Ich weiß, viele Menschen würden nicht glauben, was ich sage, oder nachvollziehen können, warum ich diese Überzeugung vertrete. Es ist keine der großen Religionen. Ich weiß, dass mein Glaube nicht gerade populär ist, aber es ist meiner. Ich muss nicht an den Himmel glauben oder an den Teufel, nicht an Adam und Eva, Moses und Jesus. Aber ich glaube, dass es etwas gibt, das alles in diesem Universum steuert. Etwas Größeres als du oder ich. Ein Gott? Ich würde mich da ungern festlegen, das Wort ist schon so vorbelastet … ich glaube an Schicksal. Ich denke, es gibt einen vorbestimmten Pfad für jeden von uns, aber wir haben einen freien Willen und die Möglichkeit, dem Leben, wie es eigentlich verlaufen sollte, den Rücken zu kehren. Aber wenn wir unseren Weg verlassen, finden wir ihn nie wieder und wenn wir so verloren sind, werden wir auch nie so glücklich sein, wie unserer richtiger Weg uns gemacht hätte.
Ich weiß nicht, wofür es gut ist, dass mein Leben genau so verläuft, wie es nun einmal ist, aber ich glaube fest daran, dass es einen größeren Grund dafür gibt. Es ist vorherbestimmt. Und ich habe nicht vor, meinen Schicksalspfad zu verlassen und mich im Dunkeln zu verlieren. Es ist sehr beruhigend für mich, ein Déjà-vu zu haben, es heißt, dass ich alles richtig gemacht habe. Und es tut ungemein gut das zu wissen.
Oh schon nach Mitternacht? Ich sollte wirklich ins Bett. Genug tiefgründiges Gerede. Soviel dazu, man liest sich ;)