5. Blogeintrag
Hallo, meine lieben Leser. Ich weiß, ich habe ein paar Tage ausgelassen, was das Schreiben meiner Einträge angeht, aber ich wusste gleich, dass ich tägliche Uploads nicht ewig durchhalten kann. Wichtig ist aber, dass ich noch hier bin. Oder wieder.
Und was fast noch beeindruckender ist: ihr seid immer noch hier und lest den Mist, den ich verzapfe. Danke dafür. Ich hoffe, ich langweile euch nicht zu sehr. Und ich würde euch ungern mit etwas unvollendetem sitzen lassen. Also habe ich mir einen Rhythmus überlegt, in dem ich vermutlich posten werde. Für mich macht es sehr viel Sinn, viermal die Woche zu schreiben und drei Tage zu ruhen. Am Wochenende schreiben sicher sonst alle, ich auch, aber ich bereite da die Sachen vor, die ihr in der Woche bekommt. Mal sehen, wie das so läuft.
Es macht mir ziemlich viel Mut, dass Emma, Emilia, Frida und Phoebe alle bisherigen Beiträge gelesen haben und sie finden es natürlich besonders lustig, etwas über sich selbst zu lesen. Phoebe sagte zu mir, sie versucht sich vorzustellen, wie es für Leute sein muss, das alles zu lesen ohne uns überhaupt zu kennen. Das kann ich ihr nicht beantworten – das könnt nur ihr. Die meisten von euch sind allerdings noch nicht sonderlich gesprächig. Kommentiert ruhig, ich beiße nicht.
Also, es ist Montag. Mein Beileid an all die, die heute früh aufstehen mussten. Ist schon fies, dass die Wochenenden immer so kurz sind, was? Ich war heute im Aldi, die haben einige coole Sachen zum renovieren im Angebot. Ich hab es, glaube ich, schon mal erwähnt und wenn nicht, wollte ich es jedenfalls: ich werde mein Wohnzimmer demnächst mal streichen. Ab dem 24ten wird hier klar Schiff gemacht, sobald meine Eltern im Urlaub sind. Ich freue mich schon darauf, dass wird bestimmt klasse. Emilia hat mich für die Zeit jetzt schon mal mehr oder weniger zu ihrem Geburtstag eingeladen.
Was mich zu einem spannenden Thema bring: Geburtstage. Ich hab euch ja schon vorgejammert, wer alle demnächst feiert und wie viele Geschenke ich besorgen muss, aber ich hab noch ein anderes Problem: mein eigener Geburtstag. Ich werde 22. Nicht zu fassen, ich fühle mich keinen Tag älter als 17. Wie sagt man doch? „Man kann sich nicht vorm älter werden schützen, vorm klüger werden schon“. Aber es geht nicht mal darum, dass ich mir allmählich vorkomme, als würde mein Leben wie im Fluge an mir vorbeirasen, sondern auch um ein paar organisatorische Dinge. Mein Geburtstag war spätestens seit ich in der Oberstufe war, immer ein Erlebnis. Ich hab das eine ausprobiert und das andere auch. Motto-Geburtstag-Partys, ich hab es genossen, meine Freunde damit zu überraschen. ‚Kindergeburtstag‘, zum Beispiel, war voll witzig, ich hatte ganz im Sinne der Hobbits aus Herr der Ringe, den Spieß umgedreht. Die Hobbits werden nämlich an ihrem Geburtstag nicht beschenkt, sondern sie schenken jedem, der zu ihrer Feier kommt etwas. Was ja auch total clever ist: den eigenen Geburtstag gibt es nur einmal im Jahr, aber alle zusammen haben wir so viele Geburtstage … wenn man jedes Mal, wenn jemand, den man kennt, Geburtstag hat, ein Geschenk bekommt, würde man hinterher sicher wesentlich mehr kriegen, als wenn man sich nur am eigenen Geburtstag beschenken lässt. Na ja, ich konnte die Welt nicht für alle ändern und hab natürlich, weil meine Freunde keine Herr-der-Ringe-Nerds sind, trotzdem auch selbst Geschenke bekommen, aber ich behaupte einfach mal, dass sich jeder von ihnen, über die Kleinigkeiten gefreut hat, die ich für sie besorgt habe. Und es gab wunderbare Süßigkeiten aus meiner Kindheit als Tischdeko.
Ein anderes Mal hab ich Halloween vorverlegt, was ja auch im Oktober ist und all meine Freunde mussten in Kostümen kommen, es gab schaurige Musik und „Blutbowle“. Ich hab all meine Halloween-Deko raus gekramt und ich weiß, dass wir „Werwolf“ gespielt haben. Das geht ja umso besser, wenn man viele Leute dafür hat.
Und vorletztes Jahr, hab ich mitten im Oktober Weihnachten gefeiert. Es gab sogar einen kleinen, geschmückten Weihnachtsbaum, unter den meine Geschenke gelegt werden sollten. Meine Mutter hat freundlicher Weise für uns gekocht und es gab Braten, wenn ich mich recht erinnere. Mein Papa war voll begeistert, von meiner Party, er selbst hat den Glühwein für uns vorbereitet – es war auch ziemlich kalt für Oktober und wir haben im Wintergarten gesessen, bei prasselndem Kamin. Und die weihnachtlichen Stuhlhussen, nach Art Zipfelmütze, hat er auch besorgt. Im Rückblick immer noch ein toller Abend. Das Beste an diesen Festen war allerdings, dass all meine Freunde da waren und wann hat man schon mal so viele Freunde, wie in der Schule? Man sah sich jeden Tag, keine Zeit sich zu entfremden. Wir waren so eine große Clique. Immerhin neun Mädchen und drei davon hatten am Ende auch immer ihren festen Freund dabei. Oh und Emilia, die ja nicht mit uns zur Schule ging, und deswegen leider nicht direkt zur Clique gehörte.
Aber wie das halt so ist, wenn die Schule endet und sich alle Freunde in alle Winde verstreuen. Wenn ich an meinen letzten Geburtstag zurückdenke, wir waren zu fünft, wenn ich mich recht erinnere. Ein einfacher Spielabend. Keine große Sache. Nur der engste Kreis, der eiserne Kern. Wenn sollte ich auch einladen? Emilia, Emma, Phoebe und Frida – das war’s. Nicht zu vergessen, das tolle, tolle Kaffeetrinken mit den Verwandten.
Ich bin froh, dass ich meine kreativen Partys dann gemacht habe, als es noch Sinn machte – als es noch wirklich Partys waren, weil ich Leute kannte, die ich dazu einladen konnte. Also, wie werde ich dieses Jahr feiern? Emilia hat schon angekündigt, dass sie abends an dem Tag keine Zeit hat. Nachmittags werde ich allerdings sicherlich keine haben, Verwandte und so. Da bliebt mir wohl nur noch rein zu feiern oder nachzufeiern. Und was könnte man machen?
Klar, ich könnte wieder einfach so einen Abend veranstalten. Die für mich wichtigsten Menschen wären wahrscheinlich da – ich meine, wir sind fünf Mädchen, wir werden wohl ein gemeinsames Datum finden, so wir alle Zeit haben, oder? Also wäre für das absolut wichtigste gesorgt, aber ich will trotzdem, dass sich mein Geburtstag von anderen Tagen abhebt, an denen wir alle beieinander sind. Es ist vielleicht albern, aber dieser Tag sollte doch etwas besonderes sein, oder nicht? Es sollte anders sein, als unser Treffen am Valentinstag, oder neulich das „Braten-essen“, oder der Spielabend neulich.
Ich könnte wieder eine Mottofete schmeißen, mit fünf Leuten? Erbärmlich! Gut, es ginge natürlich trotzdem und ich weiß, die vier würden es mitmachen. Was für Mottos wären denn noch offen? Ostern, hat man mir gesagt, hätte eigentlich letztes Jahr sein sollen. Aber ich bin kein großer Fan von Ostern. Schon gar nicht im Oktober. Ich könnte „Pink-Princess“ zum Motto machen, dann müssten alle mit Krönchen und in pinken Kleidern kommen. Emma würde mich umbringen – sie starrt einen so lange an, bis man aufgibt oder verhungert ist. Nope, will es mir mit den Mädels nicht verscherzen. Valentinstag war da bei manchen schon hart an der Grenze. Das einzige, was ich mir vorstellen könnte, wäre ein „Harry-Potter-Abend“ – das mögen wir eigentlich alle mehr oder weniger. Jeder könnte als Hogwartsschüler verkleidet kommen, Emma und ich haben sogar noch von der Mottowoche am Ende unserer Abi-Zeit, unsere Kostüme, schätze ich. Oh und Frida hat sich auch schon mal als Hogwartsschülerin verkleidet, damals mit dem Wappen-Anstecker am grauen Pulli über der weißen Bluse. Es gibt nichts leichteres, als sich ein Hogwartschüler-Kostüm zu machen. Wir könnten „Butterbier“ trinken und ein „normales“ oder halloweenmäßiges Festessen. Ich wüsste, was für Musik ich laufen lassen würde, man könnte einen der Filme gucken, oder eines der vielen, vielen Harry Potter Spiele spielen, die ich habe. Harry Potter – Uno, Harry Potter und der Stein der Weisen – Quiz, Harry Potter – Scene it und Harry Potter – Cluedo. Man könnte sich beschäftigen. Aber ich weiß nicht … irgendwie sollte man mit 22 Jahren doch aus dem Alter raus sein, oder? Andererseits wird man für Harry Potter nie zu alt – „Hogwarts will always be there to welcome us home.“ Sowas musste man aber wirklich jetzt schon anfangen zu planen und bekanntgeben, damit sich die vier darauf einstellen können. Kostüme organisieren und so.
Alternativ könnte man natürlich auch irgendwo hingehen und irgendwas machen, aber so richtig viele Möglichkeiten dafür gibt es hier in der Gegend nun auch nicht. Wir könnten zusammen schwimmen gehen oder ins Kino. Was läuft eigentlich im Oktober an? Oh, haha, hab grad nachgeguckt. Ich könnte meine Freunde natürlich zwingen, mit mir in „Mein Freund der Delfin 2“ zu gehen. Ich mochte den ersten Teil sehr, aber irgendwie haben sich bisher alle vier gedrückt, den Film zu sehen – also den ersten. Frida mag keine Delfine, das kann ich nun wirklich so gar nicht verstehen. Wer mag denn bitte keine Delfine? Wenn jemand keine Haie mag, hab ich dafür Verständnis, aber Delfine? Nun gut, lassen wir das. Kino klingt auch nicht so, als würde sich das groß von anderen Kinoabenden abheben. Wir könnten uns bei mir zuhause treffen, oder in ein Lokal gehen. Wir könnten was zu essen bestellen oder ich könnte uns was Einfaches machen. Vielleicht erbarmt sich auch meine Mutter, uns etwas zu zaubern. Kommt drauf an, wie sie dann auf mich zu sprechen ist. Wenn es etwas besser ist, als aktuell, dann würde sie es vielleicht machen. Drauf verlassen würde ich mich derzeit aber eher nicht.
Manch einer wird sich jetzt denken, was soll der Aufwand? Ist doch nur ein Geburtstag. Mir ist klar, dass die meisten anderen sich wohl keine „Weihnachten“-Mottoparty schmeißen, aber mir war es wichtig, jedes Jahr zu feiern, das ich gelebt habe. Ich meine, jeder Geburtstag ist ein weiteres Jahr auf dieser schönen Erde. Carpe diem und so. Jeder Geburtstag könnte der letzte sein, das zählt nicht nur für die alten Menschen, sondern auch für die jungen. Manche Krankheiten schlagen sehr schnell zu oder bleiben lange unerkannt. War der Pickel doch ein Tumor, metastasierender Hautkrebs, Lungenkrebs ob mit oder ohne Zigaretten etc. Und wie schnell heutzutage ein Unfall passieren kann … Autounfall, Flugzeugabsturz, auf einer Baustelle von einem herabstürzenden Stahlträger erschlagen, von einer Leiter gefallen und sich das Genick gebrochen, und so weiter und so weiter. Da sind die mutwilligen Verbrechen noch gar nicht drin, die die Menschen sich gegenseitig antun. Keine Einbrecher, die im Affekt zuschlagen, keine lang gehegten Mordpläne oder plötzliche Anschläge. Ein Amoklauf, ein ausufernder Banküberfall, ein Vergewaltiger im Stadtpark, ein Stalker oder Serienmörder … es gibt so viele Arten, wie man zu Tode kommen kann, bevor die Altersschwäche zuschlägt. Ich bin eigentlich kein Mensch, der sich ständig wegen all dieser Dinge Sorgen machen würde. Im Gegenteil, es ist absolut sinnlos, sich wegen diesen Sachen Sorgen zu machen. Entweder passiert es einem oder eben nicht. Es geht auch gar nicht darum, was einen umbringt. Was ich sagen will ist: es kann jeden treffen, und das immer und überall. Deswegen sollte man jeden Moment genießen, jeden Tag, jeden Augenblick.
Meine Eltern sagen, ich soll nicht so faul sein und das es im Leben auch Dinge geben muss, die einem keinen Spaß machen – ich soll meine Einstellung ändern. Kann ja sein, dass ich 99 Jahre alt werde, wie meine Tictac-Oma, aber ich bezweifele das stark. Und selbst, wenn ich so alt werden sollte, möchte ich diesen Scheiß gar nicht erst anfangen. So viele Menschen leben nur für das Morgen. Sie verbringen Jahre und Jahre damit, sich auf dieses und jenes vorzubereiten. „Wenn erst, dann“ und wenn man nie so weit kommt? Wenn man nie so viel Geld verdient, wie man wollte, bevor man seiner festen Freundin einen Antrag macht? Was, wenn man nicht so viel sparen kann, wie man wollte, bevor man das geplante Kind kriegt? Heiratet man dann gar nicht? Kriegt man dann kein Kind? Klar, manche Dinge brauchen Zeit, aber ich habe den Eindruck, dass sich alle für alles furchtbar viel Zeit lassen.
Ich weiß, dass meine Einstellung als „in den Tag hineinleben“ betrachtet wird und dass das in unserer Kultur etwas Schlechtes ist. Man hat eben nicht einfach nur Spaß – warum nicht?
Ich möchte nicht irgendwann auf mein Leben zurückblicken und erkennen, was ich alles nicht gemacht habe. Deswegen bin ich die, die ausspricht, was sie denkt. Als ich das erste Mal den Kumpel einer Bekannten kennengelernt habe, zögerte ich eine Weile, aber ich musste einfach fragen, ob er geschminkt ist, obwohl Emma gesagt hat, ich sollte es lassen. Nur zur Info, der Typ war nicht geschminkt, aber er sah echt voll so aus!
Der Trainer vom Handballverein von einem unserer Dörfer hat sich vor einigen Monaten, meine ich, umgebracht. Mit einem Grill, in seinem Auto, schön langsam vergast. Man sagt, er hatte Depressionen. Der war kaum älter als ich. Keine 5 Jahre. Meine Schwester kannte ihn, wenn auch nicht gut. Meine Eltern kannten seine Eltern und seine Schwester.
Wie kann es sein, dass in unserer Gesellschaft so viele Menschen Burnout haben und/oder depressiv sind? Wenn ihr mich fragt, dann liegt es an dieser giftigen Einstellung zum Leben. Immer weiter, immer höher, immer schneller, immer besser. Das ist unsere Kultur. Auf kurz oder lang macht es einen kaputt. Vom Tellerwäscher zum Millionär, das ist der amerikanische, der westliche Lebenstraum. Man fängt unten an und arbeitet sich hoch. Man kämpf und rackert sich ab. Am Anfang gibt es nur wenig Geld und wenn du dich anstrengst, kriegst du immer mehr. Aber was wartet oben an der Spitze als Belohnung auf einen? Mal ganz davon abgesehen, dass es nur die wenigsten soweit hoch schaffen, die Belohnung ist: ganz viel Geld, aber weil man auch so gut wie keine Freizeit hat, kommt man kaum dazu, es auszugeben. Tricky, was?
Ist es wirklich so kompliziert, dass die Menschen das nicht begreifen wollen? Das System tut uns auf lange Sicht nicht gut. Im Kleinen wie im Großen. Aber gut, macht einfach weiter mit dem, was ich jetzt treibt. Lasst zu, dass die reichen Leute Politik machen, bei der sie so gut wie keine Steuern zahlen müssen oder sich wunderbar davor drücken können. Verkauft die Schulden von denen, die das Geld nie zurückzahlen können, schnürt euch daraus immer größere Päckchen, verkauft sie teurer, als ihr sie eingekauft habt und seht zu, wie manche aus keinem Geld und noch mehr keinem Geld tatsächlich Gewinn schöpfen, bis uns alles wieder um die Ohren fliegt. Die nächste Wirtschaftskrise kommt bestimmt und warum? Weil wir nur die Folgen bekämpft haben, statt die Faktoren zu verändern, die das alles erst ausgelöst haben. Aber wie sollte sich das auch jemals ändern, wenn die einzigen, die es ändern könnten, davon profitieren, wie es läuft und die, denen es schadet, zu wenig Ahnung von der Materie haben, um irgendwas zu verändern?
Oh, da bin ich aber ordentlich abgeschweift. Von „das Leben ist kurz“ zu „unsere Wirtschaft ist zum Scheitern verdammt“ innerhalb weniger Zeilen. Tja, ich sag nicht, dass ich irgendwelche fundierten Beweise hätte, aber das ist meine Meinung, die auch überhaupt keine Bedeutung hat. Ich bin weder Politikerin noch sonst irgendwas. Ich sage nur, was ich denke. Und für mich habe ich daraus den Schluss gezogen, diesem ganzen Kram keine Bedeutung mehr bei zu messen. „Geld spielt keine Rolex“. Ich will nicht mal das Auto, das ein Statussymbol ist für all die, die kein Statussymbol brauchen. Die Werbung spinnt doch auch. Immer soll man alles haben wollen. Wozu? Man kann nicht gleichzeitig zwei Autos fahren oder auf drei Fernsehern unterschiedliche Programme schauen oder mit vier Handys telefonieren. Warum muss es immer das neuste Model von Apple sein? Oder die Markenschuhe von wem auch immer?
Emilia hat, als ich sie neulich besuchte, mit großen Augen festgestellt, dass ich ein Paar „Newbalance“-Turnschuhe trug. Markenschuhe, kosten etwas zwischen 70 bis 100€, wie ich danach recherchiert habe. Ein gutes Paar Schuhe. Ich hab es vor mindestens zwei Jahren bei Deichmann oder Reno gekauft und 15€ bezahlt – das weiß ich, weil ich nie mehr als 15€ für ein Paar Schuhe ausgegeben habe. Und fangt erst gar nicht damit an, dass daran vermutlich in irgendwelchen armen Ländern Kinder oder unterbezahlte Arbeiter genäht haben. Es sind dieselben Schuhe mit demselben Logo wie die, die heute 70€ mindestens kosten. Werden sie jetzt anders produziert? Ich bezweifele es. Die Ausbeuter verdienen nur mehr dran. Damit will ich die Marke nicht schlecht machen. Ich weiß ja gar nicht, wie die ihre Ware herstellen und woher sollte ich das wissen? Weil da ein „FairTrade“-Symbol drauf ist? Wer verleiht die eigentlich? Haben die alles überprüft? Was ist in den Lebensmitteln drin, wo Bio draufsteht? Da ist nämlich nicht immer Bio drin.
Der Preis sagt nicht das Geringste darüber aus, wie etwas hergestellt wurde. Also, was spielt es für eine Rolle, ob ich für meine Schuhe 15€ oder 100€ bezahlt habe? Weil es von einer besonderen Marke ist und damit ein Statussymbol. Wer diese Schuhe trägt, sagt damit: ich hab echt viel Geld für meine Schuhe ausgegeben – weil ich es kann.
Also rackert man sich ab, damit man viel Geld verdient, von dem man dann völlig überteuerte Waren kauft, die zeigen, dass man sie sich leisten kann. Also echt jetzt? Wozu? Sowas kann ich nicht verstehen. Wirklich nicht …
Möglicher Weise fehlt mir deswegen der Ehrgeiz. Ich wüsste nicht, wozu ich mich anstrengen sollte. Meine Schwester will Karriere machen und ordentlich Geld verdienen, damit sie sich die Sachen für ihren begehbaren Kleiderschrank leisten kann. Wir waren schon immer die absoluten Gegensätze und diesen Zug von ihr werde ich wohl nie verstehen. Karriere machen … nein ehrlich, ich wüsste nicht, warum ich damit meine Zeit verschwenden sollte, denn das war es, womit ich das hier angefangen habe, nicht? Wir haben alle nur so wenig Zeit hier. Ob es 22 Jahre sind oder 99 – es kommt nicht darauf an, wie viel Zeit wir haben, sondern was wir mit der Zeit anfangen, die uns gegeben ist. Wie wir unsere Leben leben. Alle fragen immer nach dem Sinn des Lebens. Wenn ihr mich fragt – und ich weiß, mich fragt keiner, aber sollte es jemanden interessieren – ich denke, der einzige Sinn, den das Leben haben kann, ist Spaß zu haben und seine Zeit mit denen zu verbringen, die man liebt.
Wow, das hatte jetzt den Beigeschmack einer lebensverändernden Predigt oder tiefgründigen Ansprache. Soviel also erst mal dazu: man liest sich ;)




es ist durchaus wichtig, sich gedanken darüber zu machen, was man vom leben erwartet. es verändert sich alles sehr rasch und keiner kann einem sagen, wenn man heute auf sicherheit baut, dass diese vermeintliche sicherheit dann morgen noch trägt. vielleicht kommt ein krieg, eine seuche oder wir erleben wegen des klimawandels in ein paar jahren die erste große hungersnot, who knows?

wenn du gerne mal liest - zum thema selbstversklavung in neoliberalismus finde ich das da hier einen guten artikel: http://www.sueddeutsche.de/politik/neoliberales-herrschaftssystem-warum-heute-keine-revolution-moeglich-ist-1.2110256

Hey, danke c17h19n03 für den Kommentar und den Link.
Ich hab den Artikel gelesen und bin einigermaßen platt. Da steht so ziemlich genau das, was ich geschrieben habe. Gut, sie haben es mit mehr Fremdwörtern gespickt, aber genau das meinte ich.
Ich hab noch nie wirklich was darüber gelesen und wusste gar nicht, dass sich da Experten mit beschäftigen. Aber ich wusste es - ich denke, jeder kommt da von selbst drauf, wenn er mal die Zeit hat, sich damit wirklich auseinander zu setzen. Wir sind Sklaven unserer Selbst. Eine bittere Erkenntnis. Ich stimme dem Artikel voll und ganz zu.

Mit freundlichen Grüßen, Ikabell